"Gockelz International"

„Gockelz International“

Ach ja, was ist im Vorfeld dieses Derbys nicht alles geschrieben, gesprochen und diskutiert worden. Aber so ist es ja ein jedes Mal – die Medien wollen Sensationen – brauchen Sensationen, und im Wettrennen der journalistischen Superlative, ist denn schnell von dieser und jener Absurdität, Frechheit und Provokation sonders Gleichen die Rede, dass sich der geneigte Fußballfan fragt: Wer heizt denn nun eigentlich die Stimmung an? Die Ultras, die Fanlager im Allgemeinen, die vermeintlichen Gewalttäter Sport, oder doch die Gewalttäter Wort; die, die mit rhetorischem Geschick aus Mücken Elephanten machen, ungeachtet der Tatsache, das der Fußball ein Wettkampf ist und bleibt, bei dem das „Battlen“ des Gegners zu so etwas wie dem „guten Ton“ gehört; und das Derbys besondere Geschichten schreiben, wees doch jeder selbst; hier kommt nun meine:

In den ersten zehn Minuten ist von beiden Mannschaften nicht viel zu sehen – leider, denn die Gockelz stehen mit vielen anderen Unionern zwar vor den richtigen Aufgängen zu den Blöcken, doch der Einlass wird uns verwehrt. Die Barriere aus einer Reihe Schutzleuten, und dahinter überfragten Ordnern, riegelt alles ab. Es bewegt sich nichts. Auf berechtigt aufgebrachtes Fragen, gibt es keine Antworten, nur den Verweis auf „Supervisor“ die gleich kommen würden, die Sache zu klären. Häää? Also Überforderung auf ganzer Linie. Dann, scheint das Dilemma gelöst, und mitten in den abklingenden Jubel zum 0:1 für unsere Eisernen, dürfen wir endlich ins Stadion, auch wenns ein anderer Block ist. Prima, wir führen also, aber gesehen scheints keiner der Umstehenden zu haben, keiner weiss wer die Bude gemacht hat. Na was solls. Also, Union liegt vorne.

Vom Rest der ersten Halbzeit kann ich wenig berichten, denn ich habe mehr damit zu tun, nicht von eine Balustrade zu stürzen, auf der ich irgendwie mehr hänge als stehe. Zu bemerken ist, dass der Hertha-Anhang wohl einen verspäteten Beitrag zur Aktion 12:12 vorbereitet hat; und da die ja immer besser sein wollen als wir, lautet ihre Aktion 45:00 – auf den Rängen nichts zu hören, und auf dem Rasen nichts auf Überlegenheit deutendes zu sehen von „Hertha, Hertha, du ganz allein …“ Halbzeit!

Ich hoffe mir ist zu folgen, denn ich springe nun – es ist ja Halbzeit – in die Zeit, als der Anpfiff noch zwei Stunden bevor steht. Vor einigen Wochen, haben wir hier von unserem Kontakt zu Unionsfans aus Frankreich berichtet. (Zwei Nationen, zwei Hähne – ein Verein, eine Liebe!). Nun also, sollte es soweit sein. Zum Derby verabredet, wollten wir uns vorm Stadion die Flügel reichen. Das hat auch wunderbar geklappt. Drei „französische Gockelz“ unter feschen roten Baskenmützen, traten zur internationalen Geflügelschau an. Melchior begrüßte uns schon fast wie alt bekannt, wenig Fragen nach dem woher?, denn eher nach dem wohin?, und der Weg ist klar – auf zum Bierstand. Bekannt routiniert, versorgt unser Catering-Chef Christian die Scharr mit Getränken. Nach weiteren Bieren und vielen lustigen wie interessanten Episoden ist schnell klar, dass wird nicht das letzte Treffen der „Gockelz International“ gewesen sein.

Und mit den getrunkenen Bieren, springe ich wieder zurück in die Halbzeitpause, denn nun wollen die Biere auch wieder „entsorgt“ werden. Da das Verlassen des Blockes ebenso unmöglich erscheint wie das vorherige Betreten, wird das altehrwürdige Gemäuer des Marathontores von vielen Besuchern als einzig mögliche „Anlauf“stelle sich zu erleichtern auserkoren. Davon, wieviel Bier im Vorfeld getrunken worden sein muß, können sich drauf auch die Besucher der unteren Blockreihen ein Bild machen, als die – Entschuldigung! – Pisse, in breiten Bächen gen Spielfeld fließt. Für mich hat die Erwähnung dieser Tatsachen dahingehend Berechtigung, da das nur die Auswüchse eines „keine Ahnung was für ein“ Konzeptes war, das die Organisatoren im Olympiastadion fuhren. Bundesligatauglich? Ich lache mich schlapp. Da gäbe es noch mehr darüber zu berichten, dass ein eigener Bericht rausspringen würde. Nur noch soviel: Uns reichte ein Anstehen 45 Minuten vor Spielbeginn am Einlaß nicht aus, rechtzeitig überhaupt aufs Stadiongelände zu kommen. Haste Worte? Ich nicht! Genug also, Herr Mayer trillert zur zweiten Hälfte.

Union ist kaum aus der Kabine, da bricht der Orkan erst richtig los. Nemec köpft nach kurzer Eckenvariante in der 50. Minute zum 0:2 ein. Watt sachste nun? Ich erst mal nüscht, weil wir alle gemeinsam nur brüllen, Fäußte in den Himmel recken, und überhaupt jeder damit beschäftigt ist, sich im Jubelrausch an den Nächststehenden zu klammern. Was von der Luft noch übrig bleibt, wird als „GEIL! GEIL!“ gen Spielfeld verschrien. Tja, und das stehste nun, reibst Dir die Augen, weil Du denkst dit isn Traum, und der isset ooch.

Na, nun schiebt der Bundesliga-Absteiger erst mal Frust, und immer schön die Beine rein. Aber, unsere Abwehr steht eisern. Und wies immer so ist, wenn aus dem Spiel nix geht, da müssen Standards her, und eben aus einem, für mein Empfinden unnötigen, Eckball, entspringt Adrian Ramos (73.), und köpft zum 1:2 ein. Schnell wird klar, noch ist Nichts gewonnen, aber auch nichts verloren, um schon einmal einem positiven Fazit des gesammten Spieles vorzugreifen. Hertha kommt, Tusche und Jopek gehen. Zu früh? Wenns nicht mehr geht, dann gehts eben nicht mehr, bestätigt Tusche seinen Wechsel. Akku leer, für Union trotzdem noch alles drin. Ja und dann ist der Ball drin, aber leider auf der falschen Seite. Ronny macht deutlich, dass ein Spieler, in einem Moment ohne Anzeichen, alles auf den Kopf stellen kann – mit einem Schuss, mit einem – ja das war er – Weltklasseschuss. Schluss!

Was bleibt? Ein geiler Rosenmontag, nicht verloren und ein Punkt, mal ganz vorne an. Das ist das zählbare Resultat. Die „Spätfolgen“ werden sich vielleicht in den kommenden Wochen einstellen. Dann – da hat Tusche auch weise gesprochen – wird man sehen, wie es wirkt, wenn man sich solch ein Spiel wieder ins Bewußtsein ruft und erkennt, dagegenhalten, mithalten zu können, mit den „Großen“ der Liga, sie im Griff haben kann, ja sogar zu dominieren in der Lage ist. (siehe das Heimspiel gegen Lautern).

Ich für meinen Teil, freue mich auf weitere große Momente und Spiele unseres 1. FC Union.