Liebe Freunde,
liebe Gockelz,
fängt man so an? Hmmm … ich weiss nicht..
Okay, noch einmal …
Hallo Gockelz,
voller Begeisterung entnahm ich Eurem – nun unserem – neuen geilen Internetauftritt, dass ihr einen Exiler in Lübeck habt – mich. 😉 Logisch, das musste ja kommen, das Shirt war ja irgendwie der Vorreiter. Vielen Dank, dass Ihr mich in den erlesenen Kreis der spreenhagener Union-Fans aufgenommen habt (klingt irgend wie schmalzig), also einfach – Danke.
Noch weiss ich nicht, was Ihr von mir erwartet, aber ich denke, es wird sich einlaufen. Ich bin leider nicht so häufig in Sachen Fußball unterwegs, möchte jedoch bemerken, dass alle Heimspiele die ich in der abgelaufenen Saison besucht habe, gewonnen wurden (purer Zufall – natürlich nicht!). Aber ab und zu eine kleine Geschichte, eine kleine Episode aus meiner Freizeit, meine Reisen etc., vielleicht interessiert es ja den einen oder anderen Gockel. Genug der Vorreden.

Gockel im Boot vorne rechts am Schlag
Euer Nordgockel kommt gerade vom anderen Ende der Welt. Ja genau, stellt Euch Euren Schulglobus vor Euch auf den Tisch, schaut auf Deutschland und dreht das Teil langsam nach links – weiter, weiter, ja weiter – bis ca. 12.000 km an Euch vorbei geflogen sind, und Eure Ungeduld wird ein Ende haben. Euer Finger gleitet ins südchinesische Meer – Absprung HONG KONG.
Hong Kong werdet ihr fragen? Was macht er denn da? Ja wollte der Kerl als Gockel süß-sauer mit extra-scharf enden? – Nein, ich wollte sportliche Lorbeeren erringen.
Hong Kong, was ja nun seit 1997 zu China gehört, war der Austragungsort der 8. Drachenboot-Weltmeisterschaft für Vereinsboote. (Im Fussball zu vergleichen mit dem Weltpokal für Vereinsmannschaften – glaube ich) Wir, meine Sportkollegen aus Rostock, Schwerin, Stralsund und Barth und ich, haben uns 2010 bei der Deutschen Meisterschaft für Drachenboote, dafür qualifiziert.
Gesagt getan, die alten Knochengelenke und Muskeln mobilisiert, bereiteten wir uns gezielt Jahresanfang 2012, auf dieses Event vor. (Ja, auch das 9-Wochenprogramm ohne Bier vor dem Abflug, habe ich gepackt)
Am 30.06. ging es los via Berlin und Helsinki nach Hong Kong – das alles „econemy class“, bei knapp einem Meter neunzig Körpergröße. Der Run auf die Plätze im Flugzeuggang, die man im Kino ja verachtet, war gigantisch. Aber ein Gockel ist ein Gockel, und der hackt sich halt durch, und so habe auch ich es geschafft, einen dieser begehrten Plätze zu ergattern, wie man auf einem der Fotos sehen kann.
Nach knapp 18 Stunden Flug und sechs Stunden Zeitunterschied, kamen alle etwas verschoben, aber gesund, an. Zwei Tage Akklimatisieren bei ca. 28 grad Celsius und 82 % Luftfeuchtigkeit waren nötig, und auch das Kennenlernen der Regattastrecke und der Wasserverhältnisse taten gut.
Am Mittwochmorgen, begannen die Rennen über 2000m – Verfolgungsrennen. Als Schlagmann (Das ist der Typ, der im Mannschaftsboot die Schlagfrequenz vorgibt) des Mixbootes (acht Frauen, zehn Männer) merkte ich schon bald nach dem Start, dass die Trauben hier sehr hoch hängen (halt eine WM). Resultat im Mixboot: von 13 Mannschaften Platz sechs. Am Nachmittag, musste ich noch einmal über die selbe Strecke im Männerboot ran. Dort belegten wir den undankbaren Platz 4. Resümee: 1. Tag, zwei Rennen, kein Treppchen. Schade!!
Völlig platt vom Tag und vom Wetter, ab ins Hotel, duschen, ausruhen, ein Bisschen schlafen. In den darauf folgenden Tagen, wechselten sich die Boote Männer und Mix täglich ab.
Es waren die Kurzstrecken 200 und 500 m an der Reihe. Auch die 200 m Mix waren, vor allem für mich, eine große Enttäuschung. In unserer Paradedisziplin, dem Sprint, wurden wir im großen Finale bis auf Platz sechs durchgereicht. Fazit: Wir haben im Gegensatz zu den anderen Nationen, einfach zuwenig zusammen trainiert. Für die Frauen unseres Mixteams, war es ein großer Dämpfer. Sie waren alle mit der Ambition auf eine Medaille angereist.
Ja, nun blieben nur noch die Männerrennen übrig. Da sollte über 200 m die leise Hoffnungen auf eine Medaille aufkommen. Was war passiert: Da im Männerbereich Ü 40, nur sieben boote am Start waren, wurden die Edelmetalle in drei Zeitläufen ausgefahren.
Wir lagen nach zwei Zeitläufen auf dem … na welchem Platz? Ja!, dem undankbaren vierte Platz. Im letzten Lauf passierte es dann. Das Wort mit dem G am Anfang, was einen überfroh macht, wenn es über einem die Schwingen ausbreitet – Gockel. Ähh ja Quatsch: GLÜCK! natürlich. Also das Glück, küsste im letzten Lauf unser Boot. Der Steuermann der Mannschaft auf Platz drei liegend aus Philadelphia (ja, dieses Philadelphia in den USA, nicht hinterbeineben Storkow), hatte einen Moment nicht aufgepasst, schon stellte sich deren Boot in der Bahn quer .
Wir belegten in diesem Lauf Platz drei. Aber die Zeit, die Zeit, würde die Zeit in der Addition für eine Medaille reichen? Warten – langes Warten. Es dauerte eine Ewigkeit, doch dann war es sicher: Platz 3. Eine Medaille! Wir hatten es tatsächlich geschafft – doch noch eine Medaille. Die Freude war grenzenlos. Ich verpieselte mich in eine Ecke. Alle Last, die Anforderung an mich selbst, der Druck, den man sich macht, wenn man trainiert, wenn man so weit reist. Alles, alles viel von mir ab. Die Bilder der Siegerehrung sprechen für sich.
Ja nun fragt ihr sicher, und haben sie denn wenigstes jetzt richtig gefeiert. Ihr glaubt gar nicht, wie still es später wird. Die Sportler simsen, oder telefonieren mit zu Hause, sitzen kaputt in der Ecke. Am Abend, haben wir das eine oder andere Bierchen zusammen geleert, und sind erschöpft ins Bett.
Am letzten Tag unserer Reise habe ich erst einmal mitbekommen, wie es ist, wenn 7.000.000 Menschen auf so engem Raum leben. Ich hatte den Eindruck, dass mich min. 3,5 Millionen Menschen bei einer Stadttour gleichzeitig umringten. Einige meiner Sportkollegen und ich, haben den letzten Abend in der 21. Etage eines Hochhauses, über den Dächern von Hong Hong, mit einem gepflegten Bier, ausklingen lassen.
Die Rückreise sprengte selbst meine Vorstellungskraft über die Worte „Geduld“ und „Ruhe bewahren“. Finair flog uns über Singapur + sechs Stunden Aufenthalt, nach Helsinki + drei Stunden Aufenthalt, zurück nach Berlin.
In Berlin schloss ich gesund meinen lieben Gockelbruder in die Arme, und wir flatterten von dannen.
Liebe grüße an Euch und Eure Familien,
bleibt gesund Gockel Götze