Als ich im April das Angebot bekommen habe, das erste Vorrundenspiel der deutschen Natonalmannschaft im Rahmen der Euro 2012 zu besuchen, brauchte ich nicht lange überlegen. Nachdem der Urlaub beantragt wurde und ich das OK meiner lieben Frau bekam, sagte ich zu. Nur fünf Tage später fragte mich Bodo, ob ich mir vorstellen könnte, die gesamte Vorrunde mit ihm und zwei Freunden in der Ukraine zu verbringen – ich konnte.

v.l.. Bodo, Peter,Vossi,Tobi
Bodo, ein Freund aus dem Dorf und wie ich Fussballer bei der Zwietracht, ist Fan eines Berliner Fünftligisten, aber sonst ein angenehmer Zeitgenosse. Der Abreisetermin war für den 8.6.2012 festgelegt. An Bord unseres Auto waren neben uns beiden,noch Tobi und Peter. Die Vorfreude bei uns war riesig, trotz der Horrormeldungen der Medien im Vorfeld des Großereignisses. Da war von korrupten Polizisten, rechtsradikalen Hooligans, schlechten Strassen und viel mehr Negativem die Rede. Wir ließen uns davon nicht die Laune verderben und mit guter Musik, reichlich Bier und voller Spannung machten wir uns auf den Weg ins polnische Krakau. Auf unserem mehr als tausend Kilometer langen Weg nach Lemberg (Lwiw), sollte uns Krakau als Zwischenstation dienen. Unser Navigator Tobi führte uns ohne Polnischkenntnisse und mit Atlas, zielsicher bis zum Hostel. Das Eröffnungsspiel der Polen stand kurz bevor. Wir schauten uns das Match in einer Kneipe mit vielen Einheimischen an. Nach dem Schlusspfiff erkundeten wir noch etwas die Gegend. Spät Abends, fielen wir müde ins Bett. Am nächsten Morgen ging es endlich in die Ukraine .
Deutschland vs. Portugal 1:0 9.6.2012
Für die 400km bis Lwiw, brauchten wir, inklusive einer Stunde Wartezeit am Grenzübergang, knapp 7 Stunden. Trotzdem verging die Zeit wie im Flug. Daran maßgeblich Anteil hatte Peter, der mit seinen Geschichten aus den 70er-Jahren, für so manchen Lacher sorgte. Da wir für diese Nacht keine Unterkunft hatten, machten wir uns gleich auf den Weg ins Stadtzentrum, um das Auto abzustellen. Wie immer sicherten wir das Auto, und gingen zur Fanmeile, wo bereits viele Deutsche vor Ort waren. Einige Stunden und Bier später, machten wir uns mit dem Shuttle-Bus auf den Weg ins Stadion. Die neu erbaute Arena-Lwiw, liegt etwas außerhalb der Stadt. Nachdem wir unsere Plätze eingenommen hatten, beschlossen wir, uns in den Fanblock zu schmuggeln, denn sitzen ist fürn Arsch. Jetzt ging es endlich los. Nach dem Singen der Hymne, stieg die Stimmung im deutschen Block und der Support war für ein Länderspiel ganz ordentlich. Das Spiel war sehr zerfahren und unser Team hatte Glück, dass es zur Halbzeit 0:0 stand. Anfang des zweiten Durchgangs merkte der deutsche Anhang, dass unsere Elf Unterstützung braucht. DieFans sangen und klatschten sich förmlich in einen Rausch. Das schien Jogis Jungs zu beflügeln, und prompt köpfte Mario Gomez das 1:0. Was folgte, war ein geiler Torpogo. Die letzten Minuten wurde noch mächtig gezittert. Am Ende blieb es aber bei dem einen Tor. Glücklich verließen wir das Stadion und feierten noch etwas in der Stadt. Die Nacht verbrachten wir im Auto – unbequem, aber für eine Nacht schon OK. Für die nächsten beiden Nächte hatten wir eine Unterkunft, so dass wir ausgeruht und geduscht die zwei Tage in Lwiw geniessen konnten.
Niederlande vs.Deutschland 1:2 13.06.2012
Nächster Stopp auf unserer Reise war Kiew.Unser immer zuverlässiger Fahrer Bodo,hatte von zu Hause aus, eine Wohnung in der ukrainischen Hauptstadt angemietet.Kiew lag etwa auf halben Weg zu unseren nächsten Spielort Charkiw.Die ostukrainische Stadt ist ca.tausend Kilometer von Lwiw entfernt.Auch diesmal führte uns Tobi punktgenau ans Ziel. Von außen sah derPlattenbau,der die nächsten 3 Tage unser zu Hause sein sollte nicht sehr einladend aus. Mit einem mulmigen Gefühl folgten wir dem Vermieter,der uns dann aber eine top sanierte Wohnung übergab.Nach einen Großeinkauf und selbst gekochten Nudeln zum Abendbrodt verbrachten wir einen gemütlichen Abend vor dem Fernseher,denn am nächsten Morgen ging es nach Charkiw.
Angekommen in der Innenstadt ,wurde die Fanzone besucht,die auf dem zentralen Platz der Stadt war.Dort fielen uns 2 Sachen ins Auge ,die riesengroße Leninstatue und ein grässlicher orangener Farbton.Danach machten wir noch einen kleinen Stadtbummel,versorgten uns mit Essen und Trinken, und machten uns auf den Weg ins Stadion.Das Metalist-Stadion ist die Heimstätte vom Fc 1925 Metalist.Die Holländer waren uns auch im Stadion zahlenmäßig weit überlegen ,den Ton gaben wir aber an.Der gesamte deutsche Block sang den Gegner über 90min in Grund und Boden.Der Doppelpack von Gomez, noch vor der Pause versetzte die deutschen Fans nun endgültig in Extase.Nach dem Wiederanpfiff gab es weitere gute Chancen,für unser Team.Die Niederländer verkürzten dann zwar noch ,konnten der deutschen Elf aber nicht mehr gefährlich werden.Die Mannschaft ließ sich nach dem Sieg über den Erzfeind gebührend feiern.Völlig erschöpft und zufrieden machten wir uns zurück auf den Weg Richtung Kiew.
Schweden vs England 2:3 15.06.2012
Wir erreichten Kiew etwa 10 uhr am Morgen,weil unserem Fahrer die Müdigkeit überkam, verbrachten wir 2 Stunden schlafend auf einen Parkplatz.Nachdem wir dann unsere Wohnung erreicht hatten,holten wir den nötigen Schlaf, und Körperhygiene nach.Ausgeruht und voller Tatendrang machten wir uns auf den Weg, die kulturelle Seite Kiew’s zu erkunden.Tobi hatte uns mit Hilfe eines Reiseführers die wichtigsten und interessantesten Sehenswürdigkeiten zusammen gestellt.Nach geschätzten 15km Fußmarsch durch die Straßen der Stadt,ließen wir den Tag in verschiedenen Lokalen zu Ende gehen.Für den nächsten Tag standen neben dem Spiel, noch zwei andere Punkte auf dem Plan,der Besuch eines Höhlenklosters und eine Dampferfahrt auf dem Dnjepr.
Schon Stunden vor dem Anpfiff war die Innenstadt mit tausenden Schweden bevölkert.Mit ihrem gelben Trikots zog das trinkfeste und sangesfreudige Volk die Aufmerksamkeit auf sich.Wie sich im Olympiastadion herausstellte waren unsere Tickets für den Englandblock.Wir stellten uns unten direkt an die Eckfahne,richtig geile Plätze.Das Spiel war sehr unterhaltsam,spielerisch aber nur Durchschnitt.Die Engländer führten zur Halbzeit durch Carroll mit 1:0.Mellberg erzielte in der 60min mit seinen zweiten Tor an diesem Abend die Führung für die Schweden.Mit einer für nicht möglich gehaltenen Leistungssteigerung konnten die Three Lions das Ruder noch herrumreißen.Spätestens nach dem 3:2 durch Welbeck in der 78.min gab es in der Kurve kein Halten mehr.Was folgte war völliges ausrasten, und die Fans stürmten die Laufbahn aber alles sehr friedlich .Nun wurde noch das „God save the Queen“ angestimmt ,und alle waren happy.Für uns hieß es nach dem verlassen des Stadions Abschied von Kiew zu nehmen.Unser Weg führte uns nun direkt zurück nach Lwiw.
Dänemark vs Deutschland 1:2 17.06.2012
Der schwül heiße Tag hinterließ bei uns seine Spuren, und weit nach Mitternacht zwang uns die Müdigkeit einen Stopp einzulegen. Kurz nach 3uhr morgens checkten wir in ein Motel ein. Die Herberge war komplett aus Holz,sehr günstig und gepflegt. Am frühen Vormittag setzten wir unsere Fahrt fort.Später in Lwiw, bezogen wir wieder das Hostel,das uns schon 2Nächte als Unterkunft diente. Extra zu diesem einen Spiel reisten noch drei Freunde aus unserem Bekanntenkreis an.Mit dem Handy wurde für später ein Treffpunkt, in einen der vielen Kneipen ausgemacht. Nach kurzer Begrüßung und einem kleinen Imbiss konnte der Partymarathon beginnen. Mit den Dänen die neben uns saßen stimmten wir immer wieder das „Olsenbandenlied“ an.Der ukrainische Wodka hinterließ bei uns allen seine Spuren, so das wir doch alle Mühe hatten am nächsten Morgen aus dem Bett zukommen. Mit sieben Mann ging es nun weiter in die Innenstadt, wo wir noch eine Stadtrundfahrt mit einer Bimmelbahn machten. Bei brütender Hitze, suchten wir uns danach ein schattiges Plätzchen in einem der Biergärten, wo wir auch gleich zu Mittag aßen. Um den für Montag zu erwartenden Rückreiseverkehr der Fussballtouristen zu entgehen, beschlossen wir direkt nach dem Spiel abzureisen.
Wir fuhren mit dem Auto bis zum Stadion und suchten einen Parkplatz. Völlig gelöst und entspannt machte sich unsere siebenköpfige Reisegruppe auf den Weg ins Stadion. Nach zwei Siegen sollte das Viertelfinale sicher sein. Zu Beginn des Spieles brannte das deutsche Team ein wahres Feuerwerk ab, Chance um Chance wurde herausgespielt, ehe Podolski nach 19min. die Führung erzielte. Unverständlicherweise gab das ein Bruch im Spiel und nur fünf Minuten später machten die Dänen den Ausgleich. Zur Halbzeit stand es in beiden Gruppenspielen 1:1. Nachdem die Führung der Portugiesen, Mitte der zweiten Halbzeit auf der Leinwand angezeigt wurde macht sich Nervosität im deutschen Lager breit. Das Spiel wurde nicht besser und bei einem weiteren Treffer der Dänen wären wir raus. Die Stimmung im deutschen Block, war während des gesamten Spieles lange nicht so gut, wie in den Partien zuvor. Lars Bender mit seiner Energieleistung in der 80.min. und der erneuten Führung erlöste den eigenen Anhang. Neun Punkte aus drei Spielen, hieß die Bilanz der Vorrunde. Die deutsche Mannschaft spielte sich in den Kreis der Favoriten.
Wehmütig verließen wir das Stadion und machten uns auf den Weg in die Heimat. Die Abfertigung an der ukrainisch/polnischen Grenze ging relativ zügig und nach weiteren 150km in Polen suchten wir ein Hotel für den Rest der Nacht. Am nächsten Morgen lagen dann 750 km vor uns, die wir gegen 20uhr geschafft hatten. Alle waren froh wieder gesund und munter zuhause zu sein.In den vergangenen zehn Tagen hatten wir viel Spaß und nur gute Erfahrungen in der Ukraine gemacht.
Danke Bodo, Peter und Tobi