Ach, was haben wir hier in der AF nicht schon alles erlebt. Weist Du noch das, kannst Du Dich noch daran erinnern, denk mal da – das war doch was. Und meist ist man der Meinung, alles an Spieldramatik schon gesehen zu haben, ja klar, na sicher doch, ich bitte Dich – was soll denn da noch kommen?
Heute nun die „Weltpokalsiegerbesieger“ zu Gast. Mit aus dem Norden, hat es unseren Exiler Götze und seinen Schwager Dirki an die Schnittstelle extravaganter Fußballkulturen gespült, die sich dieses „Kult-Duell“ (Jargon Berliner Kurier) keines Falls entgehen lassen konnten. Die Junge Försterei gilt erstmals offiziell mit über 21.000 verkauften Tickets als komplett vergriffen.
Mit den letzten Klängen der eisernen Hymne, kommt der Ball ins Rollen, fürerst Allet wie immer – doch halt, eener fehlt – Vossi. Grippe überrumpelt vorm heimischen TV-Gerät sitzend, funkt der vermißte Gockel bereits nach vier Spielminuten, das die Gockelz Zaunfahne gut im Bild sei. Na also… watt zählt is der Verein!
Pauli beschränkt sich anfänglich aufs Mauern, wobei ein ausgefuchster Sportjournalist es eher so schreiben würde: „St. Pauli läßt den Gegner kommen und steht, defensiv gut gestaffelt, strategisch abwartend in der eigenen Hälfte.“ Das hat sich Frontzeck sicher schön ausgedacht, das machen wir heute mal so. Union spielt dessen ungeachtet, eben eine ganze Weile Fußball mit sich selbst und untereinander. Die Kugel läuft kontrolliert von da nach dort, allerdings mit wenig Raumgewinn in der Offensive. Anspiele in die Tiefe bleiben mangels Möglichkeiten vorerst aus, da ist die Anfangsviertelstunde auch schon rum.
Absolut auffällig zeigt sich Parensen. Parensen, Parensen und immer wieder Parensen, der rechte Läufer der Ungarn … Käse natürlich, aber Parensen ist hier und da und gleich wieder in Szene, als würde er seine eigenen Pässe erlaufen, quasi so´n Typ wie unser junges Kresschen einst. Parensen dirigiert, antizipiert, moniert, rotiert – und alles auf einmal.
Für erste „Ohhh´s“ und „Hachhhhh´s“ sorgt Terodde, dessen Schuss aus der Drehung allerdings nicht den Weg hinter die Torlinie findet. Aber, wer abrutscht darf noch mal und besser jetzt, lupft Simon die Pille über Tschauner. Zwanzig Minuten sind gespielt. Die Hamburger lassen nun etwas ab vom Beton anrühren, wirken aber insgesamt eher harmlos und nicht sehr sicher im Bemühen, nun nachziehen zu wollen.
Aber, ja auch das ist Fußball – die Tore fallen manches Mal aus heiterem Himmel, auch ein Hundertes. Das schreibt sich Mario Ebbers in der 37. Minute in seine Spielerbiografie und Union „Aufgepaßt!“ hinter die Ohren. So fix sind zwei Punkte wieder weg, und noch so ein Ding, bleibt keiner mehr für uns übrig. 1:1 wirds dann wohl in die Kaninen gehen, scheint sich auch die prächtige Kulisse abgefunden zu haben, da blitz es spielzugtechnisch noch einmal gewaltig auf aus rot-weißen Reihen. Schon kommt der Ball vor Tusches Füße … und er, haut das Ding ins leere Tor, per Unterkante. Ick dachte der Schuss geht drüber, was für ein Schreck. Aber nein. Drin! Jubelsturm!
Was auch immer Frontzeck in der Pause nun geflüstert oder geschrien haben mag, es muß bis zu seinen Spielern vorgedrungen sein. St. Pauli kommt nach der Pause mehr und mehr auf. Union nun eher etwas deffensiv. Die Einschläge kommen immer näher. Noch während Schachten an der Strafraumgrenze sein Schußbein zur Wumme nach hinten spannt, sage ich zu Christian nach rechts: „Paß uff, der sitzt“. Ja und so kommts. Haas flattert das Leder nur so um die Ohren. Da steht die Pauli-Spielertraube nun vorm Gästeblock und läßt sich feiern. Catring-Christian winkt nur stocksauer ab. Noch 14 Minuten auf der Uhr, und die Frage: „Solls das gewesen sein?“.
Ich habe so einen Gedanken in der Art eines Dé-já-vu. 9. Spieltag in Hamburg. Tusche packt den Hammer aus. 2:2. Ausgleichende Gerechtigkeit, oder sowas? Quatsch, alle Fußballgötter die ich kenne sind rot-weiß. Also, hier muß doch noch was gehen. Union holt noch einmal tief Luft, die zweite oder dritte. Jedenfalls scheints gute Luft zu sein. Tusches Freistoß – knapp daneben. Zoundis Schuss – knapp Außennetz. Da bahnt sich doch was an, und das wollen sich alle Fans von der Seele schreien, das ist zu spüren. Das Flutlicht brennt, das Tribünenpublikum steht, und die Frisuren sitzen auch schon lange nicht mehr.
Wieder einmal ist es Adam Nemec, der den Auslöser drückt (81.). 3:2! Na bitte sehr. Als kurz drauf Terodde (83.) alles klar macht – 4:2, gibt es gar kein Halten mehr. Die Meute tobt. In den verbleibenden Minuten, löst sich Pauli gänzlich auf. Gott hat eben einen harten rechten Hacken.
Ja nun, welches Fazit gilt es zu ziehen, nach diesem Fußballabend der ganz besonderen Art? Noch zwei Punkte bis zur magischen 40. Der Rest ist Bonus mit Genuß, oder nun doch wieder Aufstieg? – Quasi keine Nichtaufstiegsambitionen. Oder wie, oder was?