Das der Hamburger Fußball dieser Tage weniger für eine Galasymphonie in der Elbphilharmonie als viel mehr für ein Pfeifkonzert von den Rängen taugt, ist landläufig bekannt. Das gilt jedoch nur für den einzig verbliebenen Bundesligadino HSV, der es über die letzten Jahre gut versteht, die Nerven seiner Anhänger aufs Äußerste zu strapazieren.
HSV Stadtrivale FC St. Pauli hingegen, spielt – mit genug Polster nach unten, aber auch Luft nach oben – im vorderen Tabellendrittel der 2. Liga mit.
Die Jungens vom Millerntor treten mit wenig Rückenwind aus ihrer letzten Partie (1:1 gegen Aue), dafür mit einer starken Auswärtsbilanz in der Alten Försterei an. 13 der 19 Punkte enterte man auf des Gegners Platz – der knackig gefüllte Gästeblock bereit, die Kiezkicker zu weiteren drei Auswärtspunkten anzufeuern. Denen stehen die restlichen Blöcke der Försterei fein Rot-Weiss geschmückt gegenüber. Es ist angerichtet, ausverkauft und Sonnenschein. Fußballherz, was willst du vor dem Anpfiff mehr?
Naja und klar, im Vorfeld der Partie wurden wieder alle möglichen Klischees und Phrasen gedruckt, gesendet, gepostet und getwittert – das Spiel immer und immer wieder mit dem besonderen des Besonderen; überzogen. Auch die Kicker, stießen in das selbe Horn. So meinte Paulis Flumm vor dem Spiel: „Pauli bei Union, das fühlt sich schon etwas nach Bundesliga an.“ (1) – und Sebastian Polter diktierte in die Feder der Vorberichterstatter: „Jeder weiß, was das für Spiele sind gegen St. Pauli. Da braucht man gar nicht groß drüber reden. Das wird ein heißer Tanz.“ (2)
Und da bin ich jetzt ganz froh, das Sebastian Polter vor dem Spiel der gleichen Meinung war, wie ich es nach dem Spiel bin. „Da braucht man gar nicht groß drüber zu reden.“ Ein zähes, ein quälendes Spiel, das dem geneigten Zuschauer viel Geduld abverlangt. Ich zähle mich nicht zu den Fußballexperten, die womöglich in den Aktionen auf dem Platz die Handschrift taktischer Finesse lesen, und sich darüber vor Verzückung die Finger lecken. Ich fands langweilig – dann: 90+, Freistoß, Kopfball, Tor, Extase, Befreiungsschläge, Abpfiff, Applaus, Relegationsplatz. Fußballherz, was willst du nach dem Abpfiff mehr?
Oftmals bekommt man ja zu lesen, das die schönsten Geschichten neben dem Platz geschrieben werden – und so wars auch heute. Zwei gespritzte Mollen zum sechsten Geburtstag der Gockelz am Bierstand, und die Bestätigung der wunderbaren Erkenntnis: Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Schönste, was es gibt auf der Welt …
(1) http://www.bild.de/sport/fussball/st-pauli/flum-fuehlt-die-erste-liga-53743550.bild.html
(2) https://www.berliner-kurier.de/28752500