Ich sitze in meiner Agentur. Das Telefon klingelt. Lagerfeld am Apparat. Na Karl, frage ich, wo drückt der Schuh. Ideen, nein Farben, stöht er; ich brauche Farben. Grün sei ja das neue Schwarz, doch damit ist er nicht glücklich, wie er sagt. Die Modelle sind gezeichnet, Frühjahr, Sommer, Herbst, alles klar soweit, nur bei den Farben, da, ja da sei er sich absolut nicht sicher. Geil sollen sie sein, Kraft sollen sie haben, Tradition, und doch jedesmal wie neu und voller Überraschung. Karl, unterbreche ich ihn: Rot-Weiß! Nimm Rot-Weiß!

Während Karl am anderen Ende der Leitung vor Begeisterung die Zunge schnallst und bangt, er hoffe, dass nicht der Joop auch drauf gekommen ist, schiebt sich ein Fax auf meinen Schreibtisch. „Sehr geehrter Herr … bla bla bla … – wie halt so eine Marketingabteilung eines Eventtourismus-Veranstalters vor sich hin sülzt – … bla bla … erhoffen wir uns von Ihnen eine Idee auf der Suche nach einem neuen, attraktiven Reiseziel – einmalig, unvergesslich, unvergleichlich, spannungsgeladen, voller Emotionen und garantierter Wiederholungssucht, na und so weiter…. Köpenick – Alte Försterei, schreibe ich mit drei Ausrufezeichen auf das Blatt, und faxe es umgehend zurück.

Karl? Karl, bist Du noch dran?, frage ich in den Hörer, der immer noch online ist. Ja, juchzt er. Karl, nimm Rot-Weiß, mach dir keinen Kopf, an Rot-Weiß kommt eh keiner vorbei. Und da wache ich auch schon auf aus diesem Traum.

Nun sind einige Stunden nach Markus Schmidts Abpfiff vergangen, doch in bin immer noch ganz angetan vom gestrigen Spiel, von unserem Spiel – also vom Auftreten unserer Jungs.

Wenn einer eine Reise tut, so kann er was erzählen, spricht des Volkes Mund, wobei ich diesen Ausspruch für die Lauterer etwas umformulieren möchte. Wenn einer eine Reise tut, so kann er was erleben.

Union kommt zunächst nicht gut ins Spiel. Fossi meint, uns fehlt der Zugriff auf den Ball, und so ist es vornehmlich Lautern, das die ersten Akzente, wenn auch aus ruhenden Bällen, setzt. Quittiert wird dieses Geschehen mit Schweigen von den Rängen. Hüben wie drüben gibt man sich, so gut es die Emotionen zulassen, zugeknöpft. Es laufen wieder 12:12 Minuten stiller Fanprotest. Das kann es wirklich nicht sein, was sich der DFB in den Stadien wünscht. Seis drum.

Der auftosende Support nach den Schweigeminuten, scheint wie ein Weckruf auf die Eisernen zu wirken. Wir kommen über Laufbereitschaft, Kampf und schnelle direkte Kombinationen, immer besser ins Spiel. In diese Phase aufkommender Überlegenheit hinein, taucht Bunjaku im Unioner Strafraum auf, doch scheiter mit seinem Schuß am glänzend aufgelegten Haas, der den Ball mit der Schulter ins Toraus lenkt. Sensationell! Hinten steht eben nur vom Resultat her eine Null. Haas, heute eine Eins mit Stern und drei gestempelten Bienchen im Aufgabenheft.

Und das schafft natürlich zusätzliche Sicherheit. Nun rollt der Eiserne Express. Lautern will mitmachen, kann aber nicht so recht, denn auch Idrissou kann in guter Deckung seine Fähigkeiten kaum ausspielen. Die erste Halbzeit ist fast rum, da meint Rainer auf mein Schimpfen über Terodde, lass mal, der macht gleich ein Ding. Keine 30 Sekunden später ist es – genau – Terodde, der eine Quiring-Flanke per Kopf in die Machen drückt. Im überschäumenden Torpogo auf den Rängen vergesse ich vollends, Rainer nach den kommenden Lottozahlen zu befragen.

Ganz so, als hätte es die Halbzeitpause im Spiel nicht gegeben, nehmen die Eisenen ihre Arbeit wie ununterbrochen sattelfest wieder auf. Es folgt die beste zweite Halbzeit, die es in dieser Saison an der AF zu sehen gab. Nur Union teuflisch – Laufbereitschaft, Einsatz, Kampf, einer für alle und alle für einen – all diese Tugenden, die zum Beginn der Saison so schmerzlich vermisst waren – unermüdlich vorgespielt. Lautern findet kaum Zeit, Mittel und Anspielstationen, den Ball in den eigenen Reihen zu halten. Ballführende Pfälzer, werden doppelt oder dreifach gestellt, und das eroberte Leder, geht sofort wieder auf die Reise Richtung Lauterer Tor – schnörkellos und direkt. Ok, nur Tusche macht da einige Ausnahmen. Die Dreheinlagen um die eigenen Achsen seiner Spielkünste, verlangsamen das Spiel gelegentlich unnötig, aber was solls. Biste Dreh- und Angelpunkt, spielste Dreh- und Angelpunkt. Die Eisernen drücken dem Spiel problemlos ihren Stempel – Prädikat wertvoll – auf.

In der 66. Minute jagt Pfertzel die Pille in den Strafraum. Dort läßt Terodde sie von seiner Brust abtropfen, legt sich in der Luft auf die Seite, und klinkt ein. Klingt geil, ist geil. Bierregen legt sich über die tosenden Massen, sowas hat die Welt noch nicht gesehen, so schön, soooo schön.

Der Rest des Spieles ist nur noch Kür nach der Pflicht. Das Geschenk ist geschnürt, drei Punkt klar gemacht – wir könnens also nicht nur von Vorne (Bochum und Duisburg) sondern auch von hinten, gell Lautern? 😉

Und nun. Ja, nun stehen wir tabellarisch da, wo wir hin wollten. Ich wage gar nicht den Blick in die Zeitungen von heute. Zu schnell wird man zum Geheimfavoriten auf Irgendwas. Einfach weiter machen, mit aller Gewalt … Eisern!